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Verspätungen und Denkwürdigkeiten zur Zeit - Terre Thaemlitz, DJ Sprinkles und Marc Couroux zur Musik und Zeit bei MaerzMusik 2018

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Krieg – Subversion – Zeit 

 

Verspätungen und Denkwürdigkeiten zur Zeit 

Terre Thaemlitz, DJ Sprinkles und Marc Couroux zur Musik und Zeit bei MaerzMusik 2018 

 

Mit gut zehnjähriger Verspätung kam die 30-stündige Live-Performance für Klavier von Canto V der Soulnessless in Five Cantos von Terre Thaemlitz aus dem Jahr 2008 im Lichthof des Martin-Gropius-Baus bei MaerzMusik am 17. und 18. März zur Uraufführung. Wahrscheinlich ist es die Zeitlichkeit der Verspätung, die in der von Berno Odo Polzer kuratierten Konferenz Thinking TogetherTime Wars in Überlappung mit MaerzMusik die größte Rolle spielte. Terre Thaemlitz operiert gern subversiv mit Superlativen im Weltmaßstab: „World’s Longest Album in History, World’s First Full-Length MP3 Album (2012)”. Wie in der Welt-Anthologie des Guinessbuch der Rekorde stellt der Rausch der Superlative zugleich die Frage nach dem Sinn derselben, wenn sie überhaupt Sinn machen.

 

Das Album als eine Sammlung und Kombination von Musikstücken wird von Terre Thaemlitz alias DJ Sprinkles mit dem längsten zugleich für tot erklärt. Statt einer Sammlung von Musikstücken werden 30 Stunden lang von Samstagnachmittag bis Sonntagabend von Terre Thaemlitz und anderen wie z. B. Matthias Osterwold dem ehemaligen Kurator von MaerzMusik immer die beiden gleichen Akkorde am Konzertflügel gespielt: „Hold each chord until it decays to near silence (hold pedal throughout)“. Ist das eine Meditation? Oder eine Zeit-Krankheit wie sie von Marc Couroux in seinem Vortrag Denkwürdigkeiten eines Zeit-Kranken am Nachmittag im Foyer des Hauses der Berliner Festspiele angesprochen wird? Der „Zeit-Kranke“ wird von Couroux als kanadischer, interdisziplinärer Künstler anfangs mit seiner Vergangenheit als Pianist angesprochen.

 

Die Seelenlosigkeit von Soulnessless im mehrstündigen Langformat als Live-Performance und Videos in zwei angrenzenden Räumen zum Lichthof wird auch zu einer Art Seelen- und Sinnaustreibung. Doch die Live-Performance zeitigt ebenso sehr Live-Effekte. Tatsächlich herrscht im Lichthof des Martin-Gropius-Baus eine erstaunliche und konzentrierte Stille. Smartphones und Kameras sind eigentlich verboten. Die Wette gilt darauf, wie lange die Besucherinnen unter Filzdecken auf den Liegepodesten es aushalten, nicht den letzten SnapChat zu checken. Drinks, die im Foyer zu bekommen sind, dürfen mitgenommen werden. Meditation im Zeitalter digitaler Vernetzung als Zeitregime wird schwierig. Ein Verbotszeichen gebietet Schweigen, Stille, was zumindest mit Flüstern tendenziell (nicht) eingehalten wird.

 

Das Live kann immer wieder und gerade bei Langzeit-Performances überraschen. Vielleicht merken es die meisten Besucher*innen gar nicht, wie sie unter dem Zeit-Regime ihres Smartphones stehen. Es gibt ja tatsächlich nicht viel zu hören. 2 Akkorde. Das ist nicht üppig. Zumindest für Terre Thaemlitz, die ca. die letzten 60 Minuten am Flügel sitzt und minimalistisch spielt, gibt es keine Ablenkung. Sie lebt seit 2001 in Yokohama. Vielleicht hat die Nähe zum Zen-Buddhismus Soulnessless angeregt. Andererseits widmet sich das Video Canto II: Traffic With The Devil der japanischen Einwanderungspolitik gegenüber Philippinos und dem animistischen Aberglauben wie der Teufel als Fledermaus in Körper von Ausländern in Japan ein- und ausfahren kann.


© Camille Blake

Das Horrorfilmgenre und die konkrete japanische Einwanderungspolitik werden von Terre Thaemlitz in Traffic With The Devil kontrastreich und provokativ gegeneinander geschnitten. – Warum gibt es eigentlich noch keinen Horrorfilm über ein eigensinniges, teuflisches Smartphone, das seine User durch Strahlen zu irrwitzigen Bewertungs- und Einkaufsorgien zwingt, bis sich die User umbringen und es sich ein neues Opfer sucht? Das Smartphone als Serienkiller. Wahrscheinlich hat das etwas mit der Verspätung zu tun. Erst als im Zeitalter des Films niemand mehr so recht an Geister glaubt, dürfen sie filmtechnisch im Horrorfilm wiederkehren.


Screenshot comatonse soulnessless (T.F.) 

Terre Thaemlitz und ihre Filme beispielsweise zu den Pink Sisters, Canto III, die gar nicht pink und queer, sondern ein erzkonservativer amerikanischer Schwesternorden sind, funktionieren auch als Zeitkapseln gegen „Political Correctness“, PC, für einen Moment. 

… I mean, I am old enough to have lived through a few “anti-PC“ movements, and each time the Left and feminists and queers and trans folk act like it’s something new but it’s not. So, you just have to kind of ignore the waves that right-wing culture sends your way, and not worry about how one’s internal processes of self-analysis and critique might make one look like an asshole to those fuckers. As I recently said in another interview, I am really uninterested in “political correctness”, since I’ve spent shitloads of effort trying to live my life in ways that the majority of people would deem “incorrect”…[1]


Screenshot comatonse soulnessless (T.F.) 

Minimalistische Musik und Filmmontage, PC und Trans, Deeperama und „boredom“ werden von Terre Thaemlitz und DJ Sprinkles konzeptuell genutzt, um Erwartungen zu unterlaufen. Sie praktiziert eine radikale Dekonstruktion von Wissen. Die Erwartung ist eine unsichere Form des sich selbstgenerierenden Vorwissens aus Wiederholungen. Nachdem der letzte Akkord angeschlagen worden ist und ein Großteil des Liegeflauschpublikums noch nach dem nächsten lauscht, steht sie völlig unspektakulär vom Klavierhocker auf und verschwindet in einer Seitentür, um sich für Deeperama in DJ Sprinkles zu verwandeln. Erst mit einiger Verspätung kommt dann doch Applaus für das 30-stündige Live-Album im Lichthof auf. Vielleicht kommt der Applaus, weil das Publikum nun doch einen Abschluss setzen will, nachdem eben kein besonderer Schlussakkord gesetzt worden ist. Das Superlativ-Konzert – „World’s Longest Album in History“ für „¥5000 JPY | €50,00 EUR | $65.00 USD (ALL PRICES INCLUDE FREE SHIPPING)“ auf dem Stick [2]– hätte ebenso gut im Wechsel mit weiteren Performern fortgesetzt werden können.

 

Natürlich hat es Deeperama nicht auf Tiefe, sondern Langeweile (boredom) abgesehen. Einerseits gilt DJ Sprinkles als einer der „20 Greatest Gay DJs of All Time“ (Joshua Glazer, 2014). Andererseits oder gerade deshalb gilt seine Musik als „sophisticate(d) … for thoughtful audiences“.[3] Terre Thaemlitz/DJ Sprinkles arbeitet mit Erwartungen und gegen sie. Wie sehr er/sie Trans ist, bleibt uneindeutig. Musik und Langeweile, Zeitvertreib durch den DJ und „Halleluja-Momente“ werden gezielt unterlaufen. Und natürlich werden – kaum wummern die Beats aus den Boxen im Martin-Gropius-Bau für eine very sophisticated Festival-Audience – die Smart- und Iphones für den DJ und das Selfie gezückt. Aus Langeweile? Aus Gewohnheit? „(P)leasing the crowd“? 

… I realy try to avoid „pleasing the crowd“ or traditional build-ups in my DJ sets, and let boredom play an active role in my electroacustic performances – testing peoples’ patience. I think people listen more sharply when they are frustrated. When they are feeling pleased, it is generally because the performance is fulfilling a pre-existing expectation.[4]

 

Auf trickreiche Weise unterläuft oder dekonstruiert DJ Sprinkles eine vorgefertigte Erwartung bzw. Wissensformationen. Langeweile ist nicht nur ein „Zeitphänomen“, vielmehr ist sie in einem Wissen, was passieren müsste oder sollte, verstrickt. Bei der Live-Performance von Soulnessless– „noun, neologism (distinct from soullessness or an absence of soul) 1. lacking or divested of belief systems through which the dichotomy of soul/soulless assumes value; 2. a meta-state critically rejecting religious and non-religious ideologies employing belief in the existence of soul(s), that belief being prerequisite to sensing or conceding presumed soul’s presence or absence ANTONYM soulness neologism”[5]– konnte das Publikum ebenso genauer hinhören durch Langeweile. Und frau/man muss die Langeweile vielleicht auch aushalten können, um genauer hinzuhören, während das Hören nicht in Wissen aufgeht. Musik hat womöglich gerade mit derartigen Erwartungen und Wissen zu tun.

 

Terre Thaemlitz arbeitet gar mit einer eigenen Poetologie. Diese lässt sich nicht einfach fassen oder verstehen, was wiederholt versucht worden ist. Vielleicht lässt sie sich am besten über die Schnittstellen ihrer Musikproduktionen auf Internetplattformen wie SoundCloud, auf dem Stick, in der Live-Performance, im Studio, am Computer, im Dubspot! Wireless Interview mit Raz Mesinai auf YouTube etc. beschreiben. Terre Thaemlitz ist gegen die Alles-Umsonst-Internetkultur von YouTube, die sich seit 2014 noch stärker durch Werbung und Channeling in ein Big Business verwandelt hat. Umsonst gibt es alles nur, weil es sich mit Commercials kommerzialisieren lässt. Das Poetische bleibt bei ihr vor allem ein Ungesagtes. 

You know me, I don’t wish to defend poetry, but I think even most serious poets would agree that is some of the least interesting stuff about poetics. There are many layers of things that I leave unspoken in my projects, which are there for the hard core listeners, critics and reviewers to figure out, but so far nobody really has in a serious way.[6] 

 

Im Rahmen der Konferenz als Zeitformat präsentiert Terre Thaemlitz am Sonntagnachmittag im Foyer des Hauses der Berliner Festspiele Secrecy Wave Manifesto (Naisho Wave Manifesto) zur „digitalen Online-Distribution“ und die „Logik hegemonialer Internetplattformen“. Das ist ein wenig merkwürdig, denn das Manifest wurde bereits im Juni 2014 für das japanische Kulturmagazin „Farben“ geschrieben und ist spätestens seit der 41. Ausgabe von Afterall A Journal of Art, Context and Enquiry Frühling/Sommer 2016 online verfügbar. Insofern wird das Manifest mit einer gewissen Verspätung auf der Konferenz präsentiert. Ein vier Jahre altes Manifest, das zu jeder Zeit an jedem Ort wenigstens durch The University of Chicago Press Journals abgerufen werden kann –  Google weiß alles – auf einer Konferenz zu präsentieren, ist heute etwas merkwürdig. Hat das etwas mit den „Time Wars“ der Internetpräsenz und der Google Suchmaschine – „Ungefähr 2.000 Ergebnisse (0,49 Sekunden)“ – zu tun? 

As of 1 May 2013, several uploads of my tracks on YouTube were removed, and replaced with a statement that they are ‘no longer available due to a copyright claim by Terre Thaemlitz’. I did, in fact, file the take-down requests. However, my reasons had nothing to do with the implied legal reassertion of authorship rights, nor typical fears of lost royalties. It was about the necessity in some cultural arenas for silence. Silence as an active form of communication. Silence as a part of our consumer relationships to music.[7]

 

Die Stille und der Reset-Button werden von Terre Thaemlitz als Praxis gegen eine Art Enteignung durch Veröffentlichung im Internet mit einer „annual May Day tradition“ im Manifest überdacht. „Will you push it with me, sisters?“ Das Internet als Zeitregime einer permanenten, globalen Verfügbarkeit wird von Terre Thaemlitz mit dem Naisho Wave Manifesto durchdacht. Als Manifest-Literatur formuliert sie eine Praxis, die das Versprechen des globalen, permanenten Netzes konkret in Frage stellt. Was wäre, wenn das Netz schweigen müsste? Wäre es dann überhaupt möglich gewesen, Soulnessless auf dem Festival im Martin-Gropius-Bau zu zeigen. Für Deeperama kommen people gestylt und brustfrei ins Haus mit den Museumsaufsichtspersonen. 

Sadly, as I was preparing this text, someone uploaded the complete videos to Soulnessless onto YouTube, forcing me to immediately ‘push the reset button’ for a second time before 1 May 2014 could even come around. While I was at it, I also requested that YouTube remove additional pages – some including complete full-length albums – which had been uploaded since the first ‘reset’, just ten months earlier. It’s a pity these ‘fans’ who least understand the themes behind my projects determine so much of my online visibility. It is a pity they will never see the irony behind their performance of the very cultural tendencies I actively oppose through my projects. And most of all, it is a pity that their actions are never surprising. Only predictable.[8] 

 

Ist das Naisho Wave Manifesto ein Dokument zum Krieg um die Zeit im Zeitalter des Internets? Ein Krieg gegen YouTube, der sich nicht gewinnen lässt? Berno Odo Polzer hat sich gerade zu dieser brennenden Frage nicht positioniert. Stattdessen schimmert in seinen Texten immer ein digital-romantischer Wunsch nach einer Zeit ohne „time-related forces operating on us“ auf.[9] Zeitregime hat es seit Menschengedenken immer gegeben. Vielleicht gehören sie gar zu einer condition humana. Es ließe sich gar formulieren, dass Zeitregime seit der Genese der Orakelknochenschrift in China[10] und der Produktion von Big Data für das Zukunftswissen im Zweistromland[11] auf sehr verschiedene Weisen herrschten. Vielleicht lässt sich am ehesten eine Korrelation zwischen Datenproduktion und Zeitregimen formulieren, wobei Stefan Maul insbesondere für die Zeit der Assyrischen Kultur vor ca. 4.000 Jahren die Unmenge der Datenproduktion herausgestellt hat. Doch auch und gerade Marc Couroux bringt mit seinen Denkwürdigkeiten eines Zeit-Kranken/Memories of My Temporal Illness die Musik als Zeitregime zur Sprache.  

 

Musiker sind Zeitexperten wie „Zeit-Kranke“, denen die Zeit des Musikmachens in den Körper, in Mark und Bein, Hirn und Muskeln übergegangen sein muss. Marc Couroux generiert seine „Denkwürdigkeiten“ aus Lektüren nicht zuletzt im Internet. le contrepoint académique(sic)“, “Bacharach chordal progessionsperpetually dithering Ornette bassCinnamon Girl cantus firmuslight virtouosic Hammond organarch-pseudo-Baroque harpsichord” “CHRONO PLASTICITY” “How Sound Can Be an Ally or an Enemy of a Healthy Brain. A new technique for measuring our neuronal response to sound is yielding both good news and bad news” “EGREGORUS OCCULTURALIS post nos, delirium” “MELAN-CHRONIA” “The opacity of works of art will be the opacity of something which is not for us to figure out, but figures us out.Die „Chrono Plasticity” wie die „Melan-Chronia” sind Zeiterkrankungen, die sich wie in der Schizo-Analyse von Gilles Deleuze und Félix Guattari in L’Anti-Œdipe und Mille Plateaux aus Wissen generieren. 

… Um zwischen diesen Zeitskalen und Chronotexturen zu wechseln, muss man die richtigen Fallen stellen, oder zumindest Methoden erfinden, die ihre Veranlagungen erfassen, um sie umfunktionieren und möglicherweise die Zeit und das Chronopolitische anders darzustellen. So könnte man dies als anachronischen Sprung verstehen, der Tiqquns Relayschaltung aus „l’hypothèse cybernétique“ aufgreift, um die parasitäre Unterwanderung der zeitlichen Währungen von heute mit einem Rückzug in Zonen der Undurchsichtigkeit zusammenzudenken, in denen experimentelle Lebens- und Zeitformen Wurzeln schlagen können.[12]

 

Moment. Der Berichterstatter stolpert über die Übersetzung von Memories of My Temporal Illness in Denkwürdigkeiten eines Zeit-Kranken. Er fragt nach. Spielt der deutsche Titel auf Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken (1903) von Daniel Paul Schreber an? Im Anti-Ödipus (1974) und in Tausend Plateaus (1992) werden die Denkwürdigkeiten in einer Lektüre von Sigmund Freud für das Konzept des „organlosen Körpers“ als „paranoische(r) Körper()“ zitiert.[13]„28. November 1947 Wie schafft man sich einen organlosen Körper?“[14] Im Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie I erfahren die Denkwürdigkeiten und die ambivalenten „Wunschmaschinen“ eine ausführlichere Berücksichtigung. „Wunschmaschinen“ und Zeit-Krankheiten lassen sich aufeinander beziehen. 

Immer wieder der Fall Schreber: sein Vater erfand und fabrizierte wundersame sado-paranoische kleine Maschinen zum Zwangsgebrauch für Kinder, so für das Geradehalten etwa Kopfbänder mit Metallstiften und Ledergurten. Diese Maschinen spielen in der Analyse Freuds keine Rolle. Vielleicht wäre es zu schwierig gewesen, den gesamten politisch-gesellschaftlichen Gehalt des Schreberschen Wahns plattzuwalzen, wenn er diese Wunschmaschinen des Vaters und ihre offensichtliche Zugehörigkeit zu einer allgemeinen gesellschaftlich-pädagogischen Maschine berücksichtigt hätte. Denn darin liegt die ganze Frage: zweifellos wirkt der Vater auf das Unbewußte des Kindes- wirkt er aber als Familienvater innerhalb einer expressiven familialen Transmission oder im Rahmen einer maschinellen Information oder Verbindung als Agent? Die Wunschmaschinen des Präsidenten kommunizieren mit denen des Vaters; dadurch gerade sind sie von Kindheit an libidinöse Besetzungen eines gesellschaftlichen Feldes. In diesem spielt der Vater eine Rolle nur als Produktions- und Anti-Produktionsagent.[15]

 

Marc Couroux knüpft mit seinen Memories of My Temporal Illness durchaus an Gilles Deleuze‘ und Félix Guattaris Schreber-Lektüren an der Schnittstelle von Kapitalismuskritik und Schizophrenie-Analyse an. Die musikologischen, multimedialen und multidisziplinären Denkwürdigkeiten, die halb im Scherz und halb im Ernst Diskurse zur Musik und Zeit kombinieren und konvertieren, arbeiten gegen „Zeitskalen und Chronotexturen“.  Marc Couroux ist nach MaerzMusik „ein infra-medialer Künstler, pianistischer Häresiarch, schizophoner Zauberer, Dozent (an der York University) und Autor von Werken spekulativer Theorie. Seine Xenopraxis gräbt sich in unerforschte Aporien der Wahrnehmung hinein, in transliminale Zonen, in denen Objekte zu Prozessen werden, Oberflächen Ablagerungen Platz machen und die ausgedehnte Dauer übliche Konventionen über ihre zugedachten Funktionen hinauszwingt.“[16] Sein Konferenzvortrag knüpft nicht zuletzt an literarische Verfahren an, die Musikwissen auf witzige Weise konvertieren. Auflösen lassen sich Zeitregime vielleicht nicht, aber sie können auf politische Weise ge- und verdreht werden, um mit ihnen kreativ umzugehen. Oder mit Marc Couroux: „TUNE YOUR SPECULATION“.[17] 

 

Torsten Flüh 

 

Reader MaerzMusik 2017 + 2018

12,- €

________________________ 



[1]Terre Thaemlitz in: “Time, but not a journey…” Terre Thaemlitz in conversation with Nicolas Siepen and Berno Odo Polzer. In: Berliner Festspiele (Editor): MAERZMUSIK FESTIVAL FOR TIME ISSUES. Reader. Berlin: Berliner Festspiele, 2018, S. 60.

[3] Joshua Glazer: The 20 Greatest Gay DJs of All Time. In Thump (Vice), October 10 2014. (Comatonse)

[4] Terre Thaemlitz in: “Time, but …” (wie Anm. 1) S. 61.

[5] wie Anm. 2.

[6] Terre Thaemlitz in: “Time, but …” (wie Anm. 1) S. 62.

[7] Terre Thaemelitz: Naisho Wave Manifesto (Secrecy Wave Manifesto) In: Afterall. A Journal of Art, Context and Enquiry. Volume 41 | Spring/Summer 2016. S. 39.

[8] Ebenda S. 45.

[9] Berno Odo Polzer: Preface. In: Berliner Festspiele (Editor): MAERZMUSIK … [wie Anm. 1] S. 5.

[10] Siehe dazu: Torsten Flüh: Gold, Rot, Schwarz verbandelt. Zur Ähnlichkeit in der höchst erfolgreichen Ausstellung China und Ägypten – Wiegen der Welt. In: NIGHT OUT @ BERLIN 27. September 2017 15:27.

[11] Siehe dazu: Torsten Flüh: Big Data aus dem Zweistromland. Drei Vorträge über das Zukunftswissen im Rahmen der Mosse-Lectures. In: NIGHT OUT @ BERLIN 23. Mai 2016 20:16.

[12] Marc Couroux: Denkwürdigkeiten eines Zeit-Kranken. In: Thinking Together Time Wars (Programm) Berliner Festspiele (Editor): MAERZMUSIK FESTIVAL FOR TIME ISSUES. Berlin: Berliner Festspiele, 2018, S. 15.

[13] Gilles Deleuze/Félix Guattari: Tausend Plateaus. Berlin: Merve, 1992, S. 206-207.

[14] Ebenda S. 205.

[15] Gilles Deleuze/Félix Guattari: Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie I. Frankfurt am Main: suhrkamp taschenbuch wissenschaft 224, 1977, S. 383.

[16] Marc Couroux in Archiv Berliner Festspiele.

[17] Marc Couroux: XENAUDIAL a psychoacoustic fugue. May 8, 2017. 


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